Momentaufnahmen aus der
Geschichte des ESW
-
Die demografische Entwicklung in Deutschland - übrigens auch in anderen Ländern
- zeigt, wie Peter Ungut in einem lesenswerten Aufsatz „Die
Alterskatastrophe“ schreibt: „Die Alimentierung des Alters ist
allenfalls ein Randproblem sozialer Vergreisung. Mit der zurückgehenden
Präsenz von Kindern und Jugend wächst ein Empfinden der Sinnleere und
sozialer Zukunftslosigkeit. Eine klaffende Fremdheit - zwischen Altenwelt
und Lebenswirklichkeit bewirkt die Altersdepressivität einer ganzen
Kultur und droht sich wie ein Mehltau über das Land zu legen.“
-
Reimer Gronemeier spricht vom Kampf der Generationen und Frank
Schirrmacher vom Methusalem-Komplott(Gelingt es uns nicht, das Altern des
Menschen zu definieren und zwar als eines der einzigartigsten
zivilisatorischen Ereignissee, die Menschen überhaupt beschieden sind,
werden wir in eine Zivilisation der Euthanasie eintreten….indem wir -
die Mehrheit der Zukunft- unser Alter neu überdenken können, wie wir die
Einstellung einer ganzen Gesellschaft zum Altern ändern.)
-
Eine große Vielfalt von Veröffentlichungen auf dem Büchermarkt und in
den Medien mit den Themen “Alter“, “Altern“, „Umgang mit dem
Altwerden“, “Umgang mit den älteren Menschen“ u.a. entwickelte
sich.
-
Die Erkenntnis wächst in dieser Zeit, dass die Ablehnung älterer
Menschen ihre gesellschaftliche Ausgrenzung aus der Leistungsgesellschaft
schärfer als bisher gesehen werden muss.
-
Wissenschaftliche Veröffentlichungen im Bereich der Gerontologie werden
in den 70/80Jahren vorgelegt unter besondere Berücksichtigung der
Altenarbeit in der Kirche .Aus der Männerarbeit der EKD kommt 1971 der
Aufruf, dass “ein Umbruch zu einer Zeit(bevorsteht) ,die eine neue
Alterskultur verlangt“(K.F. Becker)
-
In diesem Kontext sind die zunächst allerdings sehr zurückhaltend
aufgenommen Impulse zu verstehen ,die eine neue Form der kirchlichen
Altenarbeit neben der bisher bewährten und geleisteten Betreuungsarbeit
anregen. Diese neu angedachte Form kirchlicher Altenarbeit beinhaltet eine
stärkere Einbeziehung älterer Menschen in die Verantwortung und
entsprechend ihren Möglichkeiten in die Gestaltung des Lebens. Die
Forderung, dass Senioren für Senioren tätig werden und mit Senioren
zusammen Verantwortung übernehmen, wird gestellt.
-
Nach vielen Konsultationen und Vorgesprächen entstehen in den 90ger
Jahren die “Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der
EKD“(EAFA) und fast gleichzeitig auf Initiative von Oskar Schnetter und
einem von ihm zusammengerufenen Freundeskreis
das “Evangelische Seniorenwerk (ESW),Bundesverband für Frauen
und Männer im Ruhestand e.V.“.
-
Die EAFA stellt sich die Aufgabe einer EKD-weiten Bündelung und
Bearbeitung der Probleme, Themen und Forderungen der offenen,
gemeindebezogenen Altenarbeit und bedient sich zur Erfüllung dieser
Aufgabenstellung mehrheitlich der in der Altenarbeit hauptamtlich Tätigen.
-
Das ESW baut ausschließlich auf die Mitwirkung von Ehrenamtlichen und
wird darin unterstützt durch eine im Diakonischen Werk angesiedelte Geschäftsstelle.
-
.Das ESW wird am 12.Mai 1993 in Kassel gegründet - übrigens in dem
damals vom Europarat durchgeführten “Europäischen Jahr der älteren
Menschen und Solidargemeinschaft .“Zahlreiche Begegnungen und Gespräche
waren vorab und auch nach der Gründung erforderlich. Dabei wurde die
Intention des ESW betont, eine möglichst weitreichende Kooperation mit
der Kirche und ihrer Diakonie sowie mit den im Bereich der Altenarbeit Tätigen
zu pflegen - keinesfalls als Konkurrenzunternehmen zu anderen kirchlichen
und diakonischen Einrichtungen und Arbeitszweige.
-.
Auf der Gründungsversammlung in Kassel 1993 wurde Dr. Günther Freytag
aus Hannoversch Münden zum Vorsitzenden gewählt, auf der Mitglieder-
versammlung 2002 übernahm die Leitung Landespfarrer i.R.
Frieder Theysohn aus Speyer, ihm folgte auf der Mitgliederversammlung 2008
in Hofgeismar Pfarrer i.R. Klaus Meyer aus Nürnberg.
-
Der Weg des ESW war dann bestimmt durch intensive und beharrlich
betriebene Konsolidierungsbemühungen, Mitgliederwerbung, Klärung von
Finanzierungsfragen, Reflektion über Inhalt und Zielvorstellung der
Arbeit. Immer wieder Gespräche mit Vertretern von Kirche und ihrer
Diakonie, mit Partnerorganisationen in der Altenarbeit.
-
Inhalt der Arbeit des ESW in diesen Jahren: Durchführung von Seminaren
und Tagungen, Bibelwochen, Seniorentage, Gottesdienste, Herausgabe eines
Infobriefes, Erarbeitung von Leitgedanken, Mitarbeit bei den Kirchentagen
und bei den Seniorentagen der BAGSO, Verlautbarungen zu Fragen von Kirche
und Gesellschaft im Blick auf die ältere Generation, Seelsorgearbeit,
Zusammenarbeit mit Brot für die Welt, Verbindung mit der Hospizarbeit,
Seminare zur Aufarbeitung der eigenen Biographie u.a.
-
Das ESW ist inzwischen Mitglied beim Diakonischen Werk der EKD, der EAFA,
der BAGSO, der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen und der
Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste.
-
Die verantwortliche Gestaltung einer Alterskultur in unserer Gesellschaft,
die Wahrnehmung der Chancen des Alters aus der Kraft des Glaubens und aus
der Orientierung an den Aussagen der Bibel sowie der Wunsch nach
Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit der Senioren stand und steht
für das ESW im Mittelpunkt seiner Vorstellung für eine kirchliche
Seniorenarbeit.
„Das
Alter ist kein Kerker, sondern ein Balkon, von dem man zugleich weiter und
genauer sieht.
(Marie Luise
Kaschnitz)
Dr.
Günther Freytag, Göttingen
zurück
.
|