Aufgaben nicht aufgeben
Richtungsweisende ESW-Jahrestagung 2010
in Bonn 
mit neuem Landesverband

Mit seiner harmonischen Jahrestagung 2010 in Bonn schuf sich das Evangelische Seniorenwerk ESW an drei inhaltsreichen Septembertagen einen kräftigen Schub nach vorn: Ein neuer Landesverband Rheinland- Westfalen Lippe RWL konstituierte sich unter Leitung von Dr. Erika Neubauer, Meckenheim, und Martin Schofer, Münster, mit rund 20 Mitgliedern; Pressesprecher ist Heinz Thoma, Bonn. Weiter definierte das ESW in seiner in die Jahrestagung „Einmischen – Mitmischen“ eingeschlossenen Mitgliederversammlung seine Leitlinien neu; danach vertritt das ESW als Interessenwahrnehmung von Frauen und Männern in der nachberuflichen Phase deren Anliegen und Bedürfnisse gegenüber Kirchen, Gesellschaft und Staat. Die Mitgliederversammlung wählte Kirchenrätin Brunhilde Fabricius, Kassel, Dr. Erika Neubauer, Meckenheim, und Liesel Pohl, Hamburg, in den Vorstand und entlastete den seitherigen Vorstand unter seinem Vorsitzenden Pfarrer Klaus Meyer, Nürnberg.

 

Zur eigenständigen Interessensvertretung animierte der Düsseldorfer Oberkirchenrat Klaus Eberl in seinem Vortrag „Die Jungen Alten in der Kirche“ die gut 50 ESW-Mitglieder, die an der Tagung im Bonner Haus des Christlichen Jugenddorfwerks CJD teilnahmen, weil sich „alle Altersgruppen in die missionarische Volks- und Beteiligungskirche einbringen sollen“. Eberl, der zugleich Vizepräses der EKD-Synode ist, sieht es als Herausforderung für die Kirche an, die heterogenen Elemente der Alterspopulation in einen gemeinsamen Prozess zu führen. Dabei dürfe Kirche den alten Menschen nicht nur helfen, sondern sie müsse die Alten zunehmend aktivieren und beteiligen.

Leidenschaft einbringen

Über die bislang betreuende, versorgende und unterhaltende Altenarbeit müssen sich Eberl zufolge neue, innovativ-beteiligende Modelle mit alten Menschen wölben, in denen diese ihre Erfahrung, ihr Wissen und ihre Leidenschaft als „Spezialfall des Ehrenamts“ einspeisen können. Dieses Ehrenamt kenne den Benefit der Eigenständigkeit, Qualifizierung und Selbstbegrenzung. Alte sollten ihre Anliegen und Aktivitäten selbstbewusst in die Kirche einbringen und dafür auch Ressourcen vorfinden. Diese neue Beteiligungskultur für Alte sieht Eberl als einen lohnenden und verheißungsvollen Weg für die Kirche.

 Sympathisch wurde in der Diskussion der ESW-Mitglieder mit OKR Eberl das von ihm gezeichnete Bild der Beteiligungsgemeinde im Gegensatz zur verfassten Amtskirche aufgenommen. Auf die Frage, wo sich unter diesem Ansatz aktiver Laien-Alterskultur der Betätigungsraum für Seniorennetzwerke öffne, wo es in der organisierten Amtskirche „doch bereits alles gibt“, antwortete Eberl, die ESW-Gruppen sollten dies in Aushandlungsprozessen mit den jeweiligen Kirchenvertretern klären.

Talente wecken

Auch die Diakonie-Referentin Rheinland-Westfalen-Lippe, Gabriele Winter, Düsseldorf, rief in ihrem Vortrag „Die jungen Alten in der Diakonie“ dazu auf, die verborgenen Talente alter Menschen zu wecken, um in nachbarschaftlichen Quartieren Strukturen für das Selbständig-Bleiben alter Menschen zu schaffen. An Beispielen für die „Tagesdosis Bedeutsamkeit“ alter Menschen für andere nannte Gabriele Winter Wohnschulen, Schüler-Coaching, Herzenssprechstunden, Friedhofs-Begegnungen und Künstlerkontakte. Erfolgreiche Modelle könnten über Transfer und Hospitation weiter gereicht werden. Kommunen, Kirche und Diakonie sollten hierbei keine Abschottung voreinander betreiben. Die Kirche habe die geeignete Infrastruktur, um aktiven Alten ihr eigenes Engagement zu ermöglichen.

 Auf die am ehesten bei den Kirchen vorhandene Fähigkeit, für die Bedarfe alter Menschen zu sensibilisieren, verwies Prof. Dr. Karl Foitzik, Neuendettelsau, in seinem Vortrag „Die Jungen Alten in der Theologie“. Dabei sei zu lange „von den letzten Dingen“ wie Sterben, Tod und Trauer gesprochen worden. Aber theologisch sei Alter auch auf Zukunft angelegt. Die differenzierte Wahrnehmung von Alter mit Autonomie und Angewiesenheit, Befreiung von alten und Verantwortung für neue Aufgaben sei in die Sprache von Kirche und Diakonie zu übernehmen. - Die Referate von OKR Eberl, Referentin Winter und Prof. Dr. Foitzik  gibt das ESW in seiner Sonderveröffentlichung „Einmischen – Mitmitschen: Die ‚jungen Alten’ in Theologie, Kirche und Diakonie“ heraus, die bei der ESW-Geschäftsstelle in Stuttgart erhältlich ist.   

Heiterer Ausflug

 Ein geselliger, gut organisierter Bus-/Schiffs-Ausflug hinüber nach Königswinter mit Besichtigung des historistischen Schlosses Drachenburg und der Drachenfels-Ruine sowie mit Besuch des Adenauerhauses in Rhöndorf mit anschließender, sehr erheiternder Weinprobe im Weingut Boeler brachte eine touristische Note in die erlebnisreiche ESW-Jahrestagung.    

In ihren biblischen Besinnungen thematisierten die ESW-Vorstandsmitglieder Liesel Pohl, Hamburg, und Dr. Karl Dieterich Pfisterer, Stuttgart, die Offenheit des Evangeliums für heilsame Ausblicke gerade auch alter Menschen auf eine hoffnungsvolle Zukunft.